![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
|||||
![]() |
![]() |
||||||||
![]() |
|||||||||
![]() |
|||||||||
![]() |
|||||||||
|
|
|
|
![]() |
![]() |
Denn die Faszination von einem finalen Ende der menschlichen Zivilisation und vielleicht sogar des gesamten Planeten Erde ist keine bloße Erscheinung der Neuzeit. Die europäische Kulturgeschichte ist gespickt mit Terminen, an denen einzelne Propheten, Glaubensgemeinschaften, aber auch ernst zu nehmende Wissenschaftler damit rechneten, den morgigen Tag nicht mehr zu erleben. Gerne umschrieben wird der Weltuntergang mit dem aus dem Griechischen stammenden Begriff „Armageddon“ (Ἁρμαγεδών). Er nimmt direkten Bezug auf das Neue Testament und hier die Offenbarungen des Johannes. Laut Textzeile 16,16 findet eine endzeitliche Entscheidungsschlacht zwischen Gut und Böse an einem Ort statt, der die Bezeichnung Ἁρμαγεδών trägt. |
|
|
![]() |
![]() |
Die moderne Forschung ist sich uneins, ob es sich bei Ἁρμαγεδών um eine Ortsangabe oder um eine frei erfundene Lokalität bzw. Metapher handelt. Ein möglicher Kandidat wäre Megido (Har Megido, hebräisch הר מגדו) im heutigen Israel, biblischer Schlachtort (Richter 4, 12-16) und Ort eines Waffenganges zwischen dem ägyptischen Pharao Thutmosis III und dem aufsässigen Volk der Kanaaniter im Jahr 1457 vuZ. Historisch sind die Offenbarungen in die späteren Schriften des neuen Testamentes einzuordnen, Forschungsansätze schwanken zwischen einer Niederschrift in der Zeitspanne zwischen den römischen Kaisern Galba bis hin zu Hadrian, also entsprechend 68-117 uZ. Einen mit dem Christentum verbundenen Apokalypse-Gedanken gab es jedoch nicht erst seit den Offenbarungen, sondern bereits kurz nach Jesu' Tod, mutmaßlich um das Jahr 33 uZ. Der Tod des Erlösers und das „Jüngste Gericht“ mussten - so die damalige Ansicht - unmittelbar miteinander verbunden sein. Dabei ist zu bedenken, dass die Urchristen sich in dieser Frühzeit fast ausschließlich aus jüdischen Gemeinden rekrutierten, der messianische Gedanke birgt in einigen jüdischen Glaubensströmungen die zeitliche Einheit von der Erlösung des Volkes Israel durch den Messias und dem Ende der Weltordnung, wie wir sie kennen. Allerdings findet der Weltuntergang aus jüdischer Sicht weit unblutiger statt, als sie es sich der Autor der Johannes-Offenbarungen ausgemalt hat. Weltuntergangphantasien waren dem Judentum ansonsten weitgehend fremd. |
|
|
![]() |
![]() |
Völlig unabhängig von urchristlichem Gedankengut gab es auch jüdische Splittergruppen, die die Zerstörung des zweiten Tempels im Jahr 70 durch den römischen Feldherren und Prinzen Titus als Zeichen für das Kommen des Messias interpretierten. Deutlich nieder schlug sich dies im kollektiven Selbstmord der zelotischen Verteidiger von Masada, der in seiner Tragik durch die archäologische Forschung weitgehend belegt werden konnte und im Selbstverständnis des heutigen Staates Israel eine große Rolle spielt. Nahmen die ersten christlichen Vorhersagen noch unmittelbar auf die Geschehnisse im Nahen Osten um 30 uZ und die Hinrichtung Jesu Bezug, definierten sich Untergangszenarien in der Folgezeit durch die Offenbarungen des Johannes. Auch mathematisches Jonglieren, welches sich auf biblische Zahlenangaben bezog und diese (in teilweise abenteuerlicher Weise) interpretierten und bis heute interpretieren veranlassten „Bibelforscher“ immer wieder, das Ende der Welt zeitlich exakt zu prophezeien. |
|
|
![]() |
![]() |
Grundsätzlich ist bei Angaben antiker, mittelalterlichen und somit auch biblischer Quellen anzumerken, dass die Zahl 1000 (lateinisch M) zwar den numerischen Wert angeben kann, jedoch ebenfalls ein Synonym für „sehr lange“ oder „sehr groß“ ist. Die 1000 ist die größte Zahl im römischen System, die mit einem einzigen Buchstaben dargestellt werden kann. Wenn ein beliebiger antiker Autor also von „in 1000 Jahren spricht“, so kann dies auch mit „in ferner Zukunft“ übersetzt werden. Den Römern selbst waren Weltuntergangphantasien fremd. Allein die Ideologie der „Roma Aeterna“ (Ewiges Rom) spricht für sich. Die Zeitrechnung der Kaiserzeit kannte zwar die mythologische Gründung der Stadt 753 vuZ als Jahr Null „ab urbe condita“ (seit Gründung der Stadt), im praktischen Leben wurde jedoch nach der Anzahl der Konsulate des Herrschers gerechnet. „Runde Geburtstage“ wurden in Rom gewürdigt und entsprechend gefeiert. Aber weder vom Jahr 47 uZ (ab urbe condita 800), noch 247 uZ, dem römischen Jahr 1000, ist eine Untergangsstimmung überliefert. Im Gegenteil, man feierte sich, den Kaiser und überhaupt die Überlegenheit der römischen Kultur. Während Hippolytus das Jahr 500 favorisiert hatte, kam der Mönch und spätere Heilige Abbo Floriacensis (ca. 940 - 1004 uZ) zu einem anderen Rechenergebnis. Im Jahr 979 uZ wäre demnach Schluss. Er gilt als bedeutender Mathematiker des europäischen Mittelalters und bezog sich bei seinen Berechnungen auf die erwähnten 1000 Jahre (Offenbarungen 20), setzte jedoch den Beginn seiner Zählung aus nicht nachvollziehbaren Gründen auf das Jahr 21 vuZ. Abbo erlebte den von ihm errechneten Weltuntergang, es ist jedoch nicht überliefert, wie er auf seinen Nicht-Eintritt reagierte. Bis in heutige Zeit bleiben andere Arbeiten des in England wirkenden Abbo von Bedeutung, er legte das Geburtsjahr Jesu als Fixpunkt „Null“ für eine neue Zeitrechnung fest und führte letztlich die bis heute gebräuchliche Bezeichnung „vor Christus“ bzw. „nach Christi (Geburt)“ ein. Vor diesem Hintergrund ist es kaum verwunderlich, dass die erste Jahrtausendwende christlicher Zeitrechnung eine wahre Flut von Armageddon-Vorhersagen mit sich brachte. Berühmtester Vertreter war das Oberhaupt der weströmischen Kirche. Papst Silvester II. soll Überlieferungen zufolge voller Panik gewesen sein, als er für das Jahr 1000 die Erfüllung der Johannes-Offenbarungen verkündete. Glück für ihn, dass nichts geschah. Doch seine Glaubwürdigkeit war arg strapaziert. Relativ kurz nachdem am 1. Januar 1001 die Sonne unerwartet doch wieder aufging, ließ der Pontifex daher verkünden, dass nur seine intensiven Gebete weit Schlimmeres verhindert hätten. Auch Otto III. (980-1002), Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation packte angesichts des Jahrtausendwende die pure Angst. Er versprach, die Krone abzugeben und sich ins Kloster zurückzuziehen, sollte er das Jahr 1001 durch göttliche Fügung doch noch erleben - Otto war nicht der erste Politiker, der sein „Wahlversprechen“ vergaß und im Amt blieb. |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
||
![]() |
|||||
![]() |
|||||
Während Papst Silvester verbreiten ließ, er hätte die Welt durch seine Gebete gerettet, blieb der für Kaiser Otto im Kloster reservierte Platz leer. Er regierte weiter, allerdings nur bis zu seinem Tod Anfang 1002. Zuvor waren er und der Papst vor Unruhen aus Rom geflohen (Bildquellen: Vatican History bzw. Bayerische Staatsbibliothek). |
![]() |
![]() |
Während Silvester die 1000 Jahre von Geburt Jesu an zählte, galt für den burgundischen Chronisten Radolf Gaber die Wiederauferstehung als Nullpunkt der Zählung. Schon in frühchristlicher Zeit wurde angenommen, dass Jesus bei seiner Hinrichtung 33 Jahre alt war. Folglich würden sich die Johannes-Offenbarungen erst im Jahr 1033 erfüllen. |
|
|
![]() |
![]() |
Astronomische Berechnungen zur Ermittlung der alles beendenden Schlacht von Armageddon stellte Johannes von Toledo im Jahr 1179 an. Er stieß für 1186 auf eine Konjunktion von gleich sechs Planeten des geozentrischen Weltbildes. Nur der Mond fehlte, Sonne, Merkur, Venus, Mars und Jupiter jedoch standen beieinander. Diesmal kam es nicht zur Massenpanik, kein Wunder, die Sonne überstrahlte diese seltene Konjunktion und war für die Zeitgenossen folglich unsichtbar. |
|
|
![]() |
![]() |
Zu erwähnen ist sicherlich auch eine Vorhersage, die weder zu Lebzeiten noch im betreffenden Jahr 1881 eine Rolle spielen sollte. Mother Shipton alias Ursula Southeil hatte sie im englischen Mittelalter ausgesprochen, angeblich prophezeite sie auch die große Pest von London in der Tudorzeit und die misslungene Invasion der spanischen Armada. Der modernen Geschichtsschreibung indes fällt es schwer, ihr derartige Aussagen auch definitiv zuzuschreiben, denn unter dem Namen der angeblich in einer Höhle in Yorkshire geborenen Seherin wurden nach ihrem Tod viele Vorhersagen getroffen, der Großteil interessanterweise nach dem Eintreffen des Ereignisses. Während die vorangegangenen Szenarien sich in der Regel nur an die wenigen Mitglieder versprengter Splittergruppen wandte und folglich von der Öffentlichkeit nie ganz ernst genommen wurden, kam es 1910 zu einer Massenpanik mit weitreichenden Folgen. Im Mai des Jahres passierte der Halleysche Komet die Erde und präsentierte sich Forschern wie Laien mit einem imposanten Schweif. Die gerade im Entstehen begriffene Astrofotografie überlieferte zahlreiche Aufnahmen des Ereignisses. |
![]() |
|
![]() |
![]() |
![]() |
Die wohl bekannteste Aufnahme des Kometen 1P/Halley aus dem Mai 1910, aufgenommen am in der Nähe von Los Angeles gelegenen Mt. Wilson Observatory (Bildquelle: MWO). |
|
|
![]() |
![]() |
Man sollte meinen, die Verbindung zwischen Kometen und Katastrophen hätte sich gelegt, als Halley wieder im Dunklen des Nachthimmels verschwand, doch dem war nicht so. Anhänger von Untergangtheorien sahen sich im wahrsten Sinne des Wortes bestätigt, als „nur“ zwei Jahre später am 14. April 1912 die Titanic mit einem Eisberg kollidierte und sank. Natürlich war dies dem Halleyschen Kometen zu verdanken, ebenso übrigens, wie der Ausbruch des Ersten Weltkrieges weitere zwei Jahre später. Schuld an den Grauen in den Schützengräben war also nicht der Imperialismus des Großkapitals und eines größenwahnsinnigen deutschen Kaisers, sondern erneut das Himmelsereignis. Wie beruhigend... |
|
|